Erfolgreiches Storytelling so geht's

Storytelling ist eines der größten Buzzwords der letzten Zeit im Marketing, speziell im Online Marketing. #heimkommen von Edeka, der Sprung aus dem All unterstützt von Red Bull – tolle Beispiele für geniales, leider aber auch extrem teures Storytelling.

Was bedeutet eigentlich Storytelling?

Geschichten erzählen. So weit, so gut. Aber welche Geschichte passt zum Hersteller von Coffee to go-Bechern, zum Dachdecker um die Ecke, zur neuen Banking-App? Und wie passt sich die Geschichte in den Marketing-Mix ein?

Alaura Weaver veröffentlichte kürzlich auf copyhackers.com einen sehr ausführlichen Artikel zum Thema Storytelling mit umfangreichen Hintergrundinformationen. In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf das Rezept erfolgreicher Stories: Die elf Grundelemente, die jede Geschichte braucht.

Dieses Rezept zeigt auch deutlich, dass Storytelling keine eigenständige Kampagne sein muss, sondern sich im Idealfall durch alle Kommunikationsmaßnahmen und Kanäle ziehen sollte. Storytelling kann also auch die übergeordnete Geschichte sein, der rote Faden, der dein Marketing bestimmt.

Die klassische Geschichte ist die Heldengeschichte. Der Held wird mit einem Problem konfrontiert, er begibt sich auf eine abenteuerliche Reise, um es zu lösen. Unterwegs sieht er sich immer wieder neuen Hindernissen gegenüber, bis er endlich die Lösung findet. Ein fantastisches Beispiel für diese Heldenreise ist ‘Herr der Ringe’.

Element 1: Jede Story braucht einen Helden

Ob Hollywoodfilm, Gute-Nacht-Geschichte oder Marketingstunt: Jede gute Geschichte hat einen Helden. Einen Helden, mit dem sich der Zuschauer, Zuhörer oder Leser identifizieren kann, mit dem er mitfühlt und den er unbedingt gewinnen sehen will.

Im Marketing ist dieser Held klar definiert: Nicht die Firma, der Kunde ist der Held. Dein Unternehmen spielt in seiner Heldengeschichte nur die Rolle des Unterstützers. Wie Gandalf in Herr der Ringe.

Erfolgreiches Storytelling ist erst möglich, wenn du deine Zielgruppe im Detail kennst und weißt, was sie beschäftigt. Du benötigst die Buyer Persona, um den Helden deiner Story lebendig werden zu lassen.

In Einzelfällen kann der Unternehmer selbst der Held sein und seine eigene Geschichte erzählen: Wenn er selbst zu seiner Zielgruppe gehört und sich mit dem gleichen Problem konfrontiert sah, und genau dafür ein Produkt beziehungsweise Angebot entwickelt hat.

Element 2: Die Welt des Helden

Die Welt, in der dein Held unterwegs ist, bestimmt mit darüber, ob die Zielgruppe sich mit der Geschichte identifiziert. Herr der Ringe wäre wohl kaum so gut bei den Zuschauern angekommen, hätte die Geschichte in einer schwedischen Kleinstadt unserer Zeit gespielt.

Im Marketing bestimmen Design, Ton und das Thema des Inhalts die ‘Welt’.

Rolf Jensen identifiziert in seinem Buch ‘Dream Society’ sechs emotionale Marktgruppen, die dir auch hier weiterhelfen können:

  • Abenteuerlust
  • Zusammengehörigkeit
  • Mitgefühl, Sorge
  • Vertrauen & Vertrautheit
  • Selbstverwirklichung
  • Gerechtigkeit

Diese Motivationen bestimmen die Trigger-Worte, die den Inhalt emotional aufladen. Die Zielgruppe von Herr der Ringe ist deutlich als ‘abenteuerlustig’ einzuordnen. Entsprechend ist die Welt geschaffen, in der die Geschichte spielt, ebenso die Figuren und deren Lebensumstände.

Element 3: Das übergeordnete Ziel

Der Held braucht ein Ziel, das extrem wichtig ist für die emotionale Motivation. Die Zielgruppe muss sich mit diesem Ziel identifizieren können.

Menschen mögen keine Verkäufer. Menschen mögen Menschen, die ihnen zuhören und sie verstehen

>> What’s in it for me?

Im Marketing geht es darum, was deine Firma tun kann, um dem Helden (deinem Kunden) zu helfen, sein Ziel zu erreichen. Preise und Rabatte sind nur ein netter Bonus, aber nicht das übergeordnete Ziel des Kunden.

Eine gute Methode, dies praktisch umzusetzen, ist folgender Trick:

Vervollständige den Satz: Ich möchte dir helfen, [XXX] zu erreichen.

Ein schönes Beispiel für erfolgreiches Storytelling ist GoPro. GoPro ist nicht einfach ein Kamerahersteller, GoPro verkauft Träume. Schon auf der Startseite siehst du keine Features oder Daten zu den Produkten, es geht nur um das Resultat, das Versprechen, was du mit diesen Produkten erreichen kannst.

Storytelling GoPro Website

GoPro-Nutzer sind abenteuerlustig und genau das spiegelt das Marketing wider. Auf der Website, in sozialen Medien, überall.

Das Google Suchresultat für GoPro erwähnt das Wort Kamera nicht einmal.

GoPro Google Organic

Die ursprüngliche Heldengeschichte ist die des Gründers, der einfach keine gute Möglichkeit finden konnte, seine Kamera überallhin mitzunehmen und seine Erlebnisse mit Freunden zu teilen.

Mittlerweile erzählt GoPro die Heldengeschichten seiner Kunden, die Abenteuer erleben und die Welt dank GoPro daran teilhaben lassen können.Storytelling Facebook - GoPro

Element 4: Das Albtraum – Szenario

Eine Geschichte ohne Konsequenzen ist keine richtige Geschichte. Stell dir Herr der Ringe vor, ohne dass die Welt untergeht, wenn Frodo den Berg nicht rechtzeitig erreicht.

Was ist das Albtraum-Szenario deiner Zielgruppe?

Achte darauf, deine Zielgruppe nicht sofort abzuschrecken. Manch ein Albtraum-Szenario, dass in Amerika fantastisch funktioniert, wirkt hierzulande einfach nur übertrieben. Je größer das Versprechen, das dein Unternehmen abgibt, desto stärker werden die Zweifel deiner Zielgruppe sein. Solche Szenarien kannst du in echten Heldengeschichten deiner Kunden verpacken.

Das Albtraum-Szenario eines jeden (Profi-)Fußballers sind Verletzungen und der folgende Ausfall. Die niederländische Marke Knap’man produziert Sportkompressionskleidung, vorwiegend für (männliche) Fußballspieler, die Muskelverletzungen vorbeugt beziehungsweise hilft, solche Verletzungen schneller auszukurieren.

Material und andere Produktdetails interessieren diese Zielgruppe nicht. Aber dass Profispieler trotz Leistenverletzung weiterspielen konnten? Oder dass sie trotz alter Verletzung wieder vollen Einsatz zeigen können, weil die Produkte sie vor erneuten Verletzungen schützen?

Knap'man Heldengeschichte
Nun wurden Topathleten natürlich immer schon zu Marketingzwecken eingesetzt. Aber hier geht es vorrangig um ein alltägliches Problem, ein Albtraum-Szenario, dass jeder Fußballspieler gerne vermeiden würde.

Element 5: Jeder Held braucht ein Team (dein Unternehmen)

“People don’t buy what you do; they buy why you do it. And what you do simply proves what you believe” ― Simon Sinek, Start with Why: How Great Leaders Inspire Everyone to Take Action

Ein genialer Helfer ist einer, der schon früheren Helden geholfen hat. Je erfahrener das Team, desto größer die Chance des Helden auf Erfolg. Welches Fußballteam wird schon von Anfängern trainiert?

Testimonials früherer Kunden helfen dir, genau diese Erfahrung zu zeigen.

Jedes Team besteht aus verschiedenen Rollen. Welche Helferrolle spielt dein Unternehmen? Mentor, Assistent, Gefährte, bester Freund?

Die neue Buchhaltungssoftware wäre der ideale Assistent. Der Business Consultant? Unbedingt ein Mentor.

Dein Auftreten und deine Markenstimme werden je nach Helferrolle anders ausfallen. Der beste Freund kommuniziert anders als der erfahrene Mentor.

Element 6: Eine Geschichte braucht ein magisches Element (Dein Angebot)

Das Produkt ist nie der Held (den haben wir schon). Es ist genau das, was der Held braucht, um sein Ziel zu erreichen.

Wie passt dein Produkt als notwendige Hilfe in die Geschichte deines Helden?

Sowie der Held versteht, wie dein Produkt ihm helfen kann, sein Ziel zu erreichen, beschäftigt sich sein Gehirn mit den Möglichkeiten, die dieses Ziel verspricht.

Element 7: Die erste Hürde

Die erste Hürde ist der erste Moment, in dem der Held die neue Welt betreten muss. Noch kann er umkehren.

Im Marketing ist die erste Hürde der Call-to-Action-Button. Der potentielle Kunde muss sich hier zum ersten Mal entscheiden, ob er deine Hilfe annehmen will oder nicht (und stattdessen lieber mit den Konsequenzen lebt).

Element 8: Die ersten Schritte der Heldenreise

Nachdem der Held sein magisches Element bekommen hat, muss er lernen, es einzusetzen.

Im Marketing bedeutet das Onboarding oder Lead Nurturing. Nach dem ersten Call-to-Action soll der Kunde lernen, die gebotene Hilfe einzusetzen. Er wird von dir kontinuierlich begleitet und darin bestätigt, seine Reise fortzusetzen.

E-Mail Marketing kann ein starkes Tool auf diesem Weg sein. Software as a Service-Produkte nutzen Onboarding, um Kunden mit ihrem Produkt vertraut zu machen. Der Held in dieser Geschichte kann sein Ziel (zum Beispiel korrekte Buchhaltung in wenigen Minuten pro Woche) nur erreichen, wenn er lernt, die gebotene Unterstützung (das Tool) korrekt einzusetzen (Reise).

Der Kunde hat dich in sein Team gewählt, um sein Ziel zu erreichen. Dein Job ist es, ihn auf diesem Weg zu unterstützen, zu kontrollieren, ob er in die richtige Richtung geht und notfalls einzugreifen.

Element 9: Konflikte und Missverständnisse

In jeder guten Geschichte gibt es Konflikte zwischen dem Helden und seinen Helfern. Erst wenn die ausgeräumt sind, kann der Held die Unterstützung annehmen und sinnvoll einsetzen.

Das gilt ebenso im Marketing. Kampagnen, E-Mails und Landingpages sind selten vom Start weg perfekt. Split-Tests helfen, den richtigen Weg zu finden. Herauszufinden, welche Inhalte in welcher Form deinen Kunden am besten erreichen.

Element 10: Und wenn sie nicht gestorben sind…

Eine gute Geschichte endet mit einem glücklichen Helden. Wie sieht das glückliche Leben deiner Kunden aus, wenn sie ihr Ziel erreicht haben?

Dein Kunde kommt nicht zu dir, weil er ein Produkt kaufen will, sondern weil er dieses glückliche Leben erreichen möchte.

Weaver beschreibt in ihrem Artikel Beispiel erfolgreicher US-Copywriter, die Geschichten gerne von hinten aufrollen: “Stellen Sie sich vor, Sie könnten [XXX] .” Die Abgrenzung zum aggressiven Clickbaiting á la Buzzfeed ist hier allerdings oft schwierig. Traditionell weniger optimistische deutsche Helden fühlen sich davon leicht abgeschreckt.

Trotzdem funktioniert diese Form der ‘Zukunftsaussichten’ auch hierzulande, so sie vorsichtig eingesetzt wird. Fast jeder Mensch strebt gewisse Ziele an und wünscht sich Lösungen für seine Probleme. Testimonials und wahre Kundengeschichten sind eine gute Option, dem neuen Kunden zu zeigen, dass es diese Lösungen tatsächlich gibt.

Solange solche Geschichten einen Helden haben, mit dem sich der neue Kunde identifizieren kann, ganz im Sinne von: “Wenn der das kann, kann ich das auch”.

Element 11: Die Rückkehr

Der Held kommt zurück und fungiert als Mentor für zukünftige Helden. Im wahren Leben wird der Kunde, nachdem er sein Ziel mit deiner Hilfe erreicht hat, zum Botschafter für dich.

Er erzählt seine Geschichte, in sozialen Medien und im echten Leben, und hilft neuen Helden dabei, sich auf ihren eigenen Weg zu machen.

Fazit

Storytelling ist kein eigenständiges Element, sondern liefert im besten Fall den roten Faden für dein Marketing, vom ersten Interesse bis hin zur langfristigen Kundenbindung.

Einzelne Elemente dieses Grundrezepts können vielfältig eingesetzt werden. Aus Testimonials lassen sich eigenständige Geschichten machen, die über mehrere Plattformen, vielleicht sogar in verschiedenen Sequenzen, ausgespielt und sogar erlebbar gemacht werden können.

Jedes Unternehmen mit einem starken ‘Warum’ und begeisterten Kunden verfügt bereits über die wichtigsten Zutaten für erfolgreiches Storytelling. Notwendig ist allerdings eine konstante Hauptstory, mit der sich die Zielgruppe identifizieren kann. Würde GoPro auf einmal stundenlange Dokumentationen in den Mittelpunkt stellen, wäre deren Zielgruppe mindestens irritiert.

 

Quelle: onlinemarketing.de